Wirtshaus: Spanferkel auf Schienen im Blauen Land

Im „Blauen Land“ am Staffelsee machte seinerzeit eine berühmte Künstlergruppe von sich reden, die der Region auch ihren Namen gab. „Der Blaue Reiter“, von Wassily Kandinsky gegründet, scharte so namhafte Künstler wie Paul Klee, Robert Delaunay und Franz Marc um sich. Heute schart sich um das örtliche Gewässer die Gruppe der Staffelseewirte, zu denen auch Michael Gilg zählt.

Kurz vor der Jahrtausendwende meinte Michael Gilg zu seiner Mutter: „Wir machen die Wirtschaft wieder selber.“  Da war der junge Mann erst 22 Jahre alt, hatte Koch gelernt und wollte ins Leben starten. Der Zeitpunkt war günstig, der Vertrag für den fremd verpachteten Vierkanthof lief aus. Aber die Zeiten waren schwierig, die Gäste wurden immer älter – und immer weniger. Junges Volk tummelte sich anderswo, ging zum Griechen oder zum Italiener. Beim Besuch einer Münchner Brauereigaststätte zündete der Funke, da kam ihm die Idee.
Sein Vorsatz stand fest: „Ich baue eine Brauerei.“ Gesagt, getan, er schritt zur Tat, die Mutter stand hinter ihm. Er krempelte alles um, renovierte Haus und Hof, Küche und Gaststube und pflanzte zwei kupferne Sudkessel unter die weit ausladenden Bögen des Gewölbekellers. „Der spinnt jetzt ganz“, hieß es im Ort.

„Da gab es bayerische Küche, eigenes Bier und die Leute haben auf den Tischen getanzt. Alte und junge.“

Lust auf Bayern: Wirtshaus Griesbräu Murnau
Wirtsleute vom Griesbräu: Michael und Barbara Gilg (Foto: Chris Meier).

Schon 1676 war hier gebraut worden, bis vor 100 Jahren die Thomas-Brauerei das Anwesen kaufte und die Produktion nach München verlegte. Der Gasthof kam kurz darauf zwar wieder in Familienbesitz, doch das Bier weiterhin aus München. Keiner gab einen Deut auf das waghalsige Unternehmen. Doch der ehrgeizige Murnauer zeigte es allen. Der Gewölbekeller wurde zur Schaubrauerei mit Bierkelleratmosphäre und nach einem Baumarathon von anderthalb Jahren eröffnete er das „Griesbräu zu Murnau“.

Vom Start weg strömte neue Kundschaft in Gaststube und Brauhaus. Die Tradition war heimgekehrt. Die Liebe zur Landschaft, die Leidenschaft fürs Genießen und die Freude an frischen und ehrlichen Produkten – das ist der Anspruch, der auch im „Griesbräu“ von seinem Küchenchef Günter Neumann mit kundiger Hand gepflegt wird. Selbstredend sind bayerische Küchenklassiker von dessen Speisekarte nicht wegzudenken und erleben hin und wieder ihren unter großem Hallo begrüßten Höhepunkt, wenn im Brauhaus James Bonds Titelmelodie erklingt. Dann wird die mit Semmelknödeln gefüllte Großartigkeit eines saftig gebratenen Spanferkels auf Schienen hereingefahren. Das gute Teil wird tranchiert, Teller werden gefüllt, es gibt Blaukraut, Krautsalat und Knödel satt. Je nach Wunsch und Saison zapft Braumeister Wolfgang Taubitz auch eines der Spezialbiere wie „Murnator“, „Drachenblut“ oder ein obergäriges Braunbier namens „Bruno“.
Der häufig geäußerten Meinung, bayerische Küche neige zur Monotonie und biete lediglich Standardgerichte im Umkreis von Haxen, Schweinsbraten und Knödeln, muss man vehement widersprechen. Gilg serviert auch höchst unkonventionelle Schmankerl, die durch Leichtigkeit und Freude am Experiment den Gaumen bezaubern.

Lust auf Bayern: Wirtshaus Griesbräu Murnau Spanferkel

In der Bouillabaisse schwimmen Fische aus regionalen Seen in Weißbiersud und der würzige Risotto aus Weizenmalz muss keinen Vergleich mit seinen italienischen Vorbildern scheuen. Im „Griesbräu“ verwöhnen den Gast zwei sympathische junge Wirtsleute, die mit ganzem Herz und großer Leidenschaft Gastlichkeit auf bayerisch praktizieren. Barbara Gilg macht den Aufenthalt zum „Home away from home“, wenn sie den Zugereisten an der Rezeption empfängt oder mit ihren Mädels für dessen leibliches Wohl in der Gaststube sorgt. Die gelernte Kindergärtnerin konzentriert ihre beruflichen Fähigkeiten heute vorwiegend auf Flori und Maxi, ihre beiden Jungs, pflegt aber ansonsten mit Werbung und Computer die Kommunikation nach draußen. Ihr umtriebiger Gatte ist derweil überall im Haus zugange. „Ich bin der Hausmeister“, meint er lachend und tüftelt oder bastelt an weiteren Projekten und baulichen Neuerungen. Oder er holt sich ein Bier, setzt sich zum Gast und ratscht übers Bier, über alte Brautechniken, Kühlschiffe und erklärt dem erstaunten Zuhörer, dass Bier doppelt so viele Aromastoffe enthält wie Rotwein. Das macht er gern, da fühlt er sich wohl. Denn er ist Gastwirt.

Ausflugstipps

Der oben bereits erwähnte „Blaue Reiter“ ist in und um Murnau in Museen und auf einem Kunstspaziergang durch Murnau anzutreffen. Warum sich die Künstlerinnen und Künstler so begeistert von dieser Landschaft inspirieren ließen, erfährt man am besten bei Wanderungen zu Fuß oder per Fahrrad an den Staffelsee, durchs Murnauer Moos oder entlang der malerischen Loisach.

Informationen: Griesbräu zu Murnau, Obermarkt 37, 82418 Murnau, Telefon: 08841/1422, www.griesbraeu.de

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